Die Briefe Friedrich Schlegels (1772–1829), dem ideensprühenden Initiator der deutschen Romantik, an seine langjährige Brieffreundin und ‚Seelenverwandte‘ Christine von Stransky (1785–1862) befinden sich aktuell im Archivbestand der Benediktinerabtei St. Bonifaz in München (Signatur: Varia 125). Das Konvolut umfasst 202 Briefe Friedrich Schlegels an Christine von Stransky sowie neun Briefe seiner Ehefrau Dorothea (1764–1839), geb. Mendelssohn. Von den Briefbeigaben haben sich handschriftliche Gedichte, Gebete und Zeichnungen Friedrich Schlegels ebenso erhalten wie historische Zeitungsartikel.
Neben einem Einzelbrief aus dem Jahr 1812 umspannen die Briefe den Zeitraum von 1821–1828 und damit Friedrich Schlegels letzte Lebensjahre. Auf über 1098 Seiten geben die Briefe Einblicke in den Lebens- und Familienalltag der Korrespondierenden in Wien und Augsburg. Die Privatbriefe weisen einen intimen Charakter auf, der auf dem gemeinsamen katholischen Glauben gegründet ist, und haben für die Schreibenden bisweilen eine privatseelsorgerische Funktion. Persönliche Herausforderungen werden darin ebenso besprochen wie zeitgeschichtliche Ereignisse, Fragen der katholischen Lebensführung und Schlegels spätes philosophisches Wirken in Form von Publikationen und Vorlesungen. Dabei zeigen die Briefe Verbindungen zwischen der katholischen Restauration in Wien und Bayern.
Die Briefe Dorothea Schlegels an Christine von Stransky kreisen insbesondere um die Themen Gesundheit, Glauben und Familie, in denen die Korrespondentinnen eine gemeinsame Kommunikationsgrundlage fanden, die über Friedrich Schlegels Tod hinaus andauerte.
1876 von Christines Tochter Therese von Stransky der Benediktinerabtei St. Bonifaz zur sicheren Verwahrung übergeben, wurden die Briefe zunächst 1907 und 1911 durch Max Rottmanner in stark gekürzter Form in zwei Bänden publiziert. Daraufhin verlor sich die Spur der Briefe, die bis November 2020 als Kriegsverluste galten, ehe sie auf Betreiben der Arbeitsstelle Friedrich und Dorothea Schlegel (FDS) im Archiv der Abtei St. Bonifaz wiederentdeckt wurden. Seit 2021 werden die Briefe unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrich Breuer innerhalb der dritten Abteilung der Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe in den Bänden 31 und 32,2 erstmals vollständig ediert. Im selben Jahr erfolgte die Digitalisierung der Briefe in der Universitätsbibliothek der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Mit Zustimmung des Klosterarchivs St. Bonifaz sind die Briefe als Digitalisate auf der Webseite der JGU zugänglich.